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Like This Video 0 Susanne
Added by 23. November 2018


 

Künstliche Intelligenz im Weltraum und ihre irdischen Perspektiven

 

Was kann die künstliche Intelligenz und wo liegen heute ihre Probleme und offene Fragen? Eine Fachtagung im IBM Watson Tower von München gab dazu Antworten von Rednern aus der Industrie, der Forschung und mit der Präsentation ausgewählter Startups, die dort ihre Ideen für die Welt von morgen präsentieren konnten.

 
 
Sprechertext der Sendung:
 
IBM hat in die Highlight-Towers von München geladen. In einer gemeinsam mit TÜV Süd und dem Munich Network organisierten Tagung sollte die Fachwelt das Neueste von der Künstlichen Intelligenz erfahren. Über den Dächern von München bot die Aussicht hinaus ins herbstliche Nebelgrau so gar keinen reizvollen Blick. Den Veranstaltern konnte es recht sein, so blieb der Fokus der zahlreichen Teilnehmer aufs Wesentliche gerichtet, das reichlich bunte Hype-Thema Künstliche Intelligenz. Das Spektrum der Veranstaltung war enorm: von der Videobotschaft des Mad Scientist und professoralen IBM-Fellows John Cohn – der den erstaunten Zuschauern zum Eingang der Veranstaltung übrigens nonchalant offenbarte, dass er dem Konzept der Künstlichen Intelligenz anfangs so gar nicht vertraute, natürlich schon weit zurück in den fünfziger Jahren -, von der Internet-of-Things-Ikone Cohn also bis zu handverlesenen Startups, die hier eine Bühne hatten, ihre neuesten Produkt-gewordenen Ideen zu präsentieren. Den Preis des TÜV Süd konnte nur einer von ihnen gewinnen, doch für alle war auf dieser Veranstaltung das Netzwerken auf der Suche nach großen Partnern, potenziellen Käufern oder willfährigen Finanziers der Wert an sich.

Und dann war da natürlich noch die Riege der Vortragenden aus der Industrie, die den Anwesenden in unterschiedlichen Perspektiven den Blick auf die Künstliche Intelligenz, ihre Geschichte und Zuordnung – und natürlich das, was sie zu leisten vermag, oft in leuchtenden Bildern präsentierte. IBM gab viele Beispiele dafür, was die Welt der KI alles zum Besseren verändern wird. Und das Computerhirn Watson, auch kein Jungster mehr und noch im klassischen Zeitalter des Machine Learning entstanden, hat schon Nachfahren erhalten. Ein Face Lifting mit neuem Avatar vom Schweizer Banker. Und hier Watsons neuronal aufgepeppter Kollege Cimon, der 2018 sogar die ISS erobert hat. Bei aller Best-Of-Präsentation gab es doch auch klare Bekenntnisse zu dem, was KI eben nicht zu leisten vermag – und zu den Schwierigkeiten, denen sich die Experten beim Thema neuronale Netze gegenüber sehen. Klar, das steht nicht notwendigerweise auf der typischen Agenda von Industrie-Vertretern, aber geladene Professoren von Rang und Namen tun es, und das natürlich mit große Expertise.

An dieser Stelle ein kurzer Grundlagen-Exkurs: Deep Learning ist jene Programmierung, in der – anders als das konventionelle Maschine Learning -, neuronale Netze „denken“, die neueste Spielart der Künstlichen Intelligenz: Algorithmen rechnen nicht mehr, sondern lernen. Eine ihrer vielleicht weitreichendsten Grundlagen ist es, dass diese Digitalcodes für solch selbstlernende Maschinen unterschiedlichster Anwendungen – einmal „losgelassen“ – ganz von alleine dauerhaft weiter lernen. Das hat zwei Konsequenzen: Anhand des unterschiedlichen Dateninputs im Lauf ihres Lebens entwickeln sie sich ganz individuell. Wann hat der Dateninput das System so weit verändert, dass es einen neuen Status, eine neue Version – und damit einen neuen geistigen Besitzer erhalten hat?

O-Ton (Übersetzung) Prof. Dr. Damian Borth, KI-Forscher, Universität St. Gallen
Ist das neuronale Netz einmal trainiert, kann man alles auf einen preiswerten Chip bringen. Wenn man allerdings Roboter oder Fahrzeuge draußen hat, stoppt der Dateninput nicht. Das Training des Systems durch neue Bilder geht immer weiter. Wenn man mit einer Million Bilder trainiert, und dann kommt nur ein einziges neues Bild dazu: Kann man dann sagen, das ist Version 2? Verändert das die Urheberschaft? Kann man ein akademisch publiziertes Referenzmodell nehmen, das Netz mit einem weiteren Bild füttern und dann daraus ein Startup machen und sagen, das ist mein geistiges Eigentum?

Anders ausgedrückt: Programmierer im Deep Learning geben auch einen Teil der Kontrolle an die Maschine ab. Mit jeder Wahrnehmung ihrer mehr oder weniger zahlreichen Sensoren entwickeln diese Algorithmen die Problemlösungen ständig weiter. Damit gerät auch einiges andere außer Kontrolle, wie Borth präsentiert.

O-Ton Prof. Dr. Damian Borth, KI-Forscher, Universität St. Gallen
Die Schlüsselelemente sind Datenmanagement und Versionen der Modelle. Und diese Modellversionen sind das eigentliche Problem. Die Architektur kann man sich anschauen. Aber was, wenn man die gleiche Parametrisierung des AI-Systems hat, aber die Modelle sind unterschiedlich, weil man das System mit ganz anderen, eigenen Daten trainiert hat. Nehmen Sie einen BMW und einen Mercedes-Benz, die haben auf der gleichen Grundlage zwei völlig unterschiedlich trainierte Modelle, die mit eigenen Daten trainiert worden sind: Wie soll man hier feststellen, welche Ähnlichkeit diese Modelle haben.

An dieser Stelle spätestens kommt dann der TÜV Süd ins Spiel. Zusammen mit dem DFKI entwickelt das Traditionsunternehmen jetzt den Führerschein für künstliche Intelligenz, wie auf der Hannover Messe 2019 verkündet wurde. Der TÜV will also ein Stück Kontrolle wieder zurück gewinnen und KI künftig zertifizieren, Copyrightfragen eingeschlossen. Allerdings: Das ist leichter gesagt als getan. Denn: Ein Zertifikat für grundlegende Algorithmen zu entwickeln, die ein Eigenleben wie die neuronaler Netze entfalten. Die sind eben gar nicht mehr wie einst eine Dampfmaschine oder heute ein Fahrzeug en Detail zu vermessen oder in der Problemlösung replizierbar zu testen – das hat nach 150 Jahren Firmengeschichte wieder etwas von echtem Pioniergeist!

Wofür das alles extrem wichtig ist? Natürlich fürs autonome Fahren im berühmten Level fünf, also dem Auto ohne Lenkrad, das heute in aller Munde, aber auf deutschen Straßen längst noch nicht zulassungsfähig und daher nur in schönen Animationen zu bewundern ist. Fahrspaß – auf dem Opferaltar der Autonomie! Soweit ist es in der Diesel-geschundenen deutschen Leitindustrie schon gekommen. Die großen Hersteller sind derzeit die mächtigsten Nutzer von Deep Learning Algorithmen. Wen wundert’s also, dass mit Firas Lethaus vom Data Lab der Volkswagen-Gruppe ein Redner dieser gewaltigen Anwenderszene geladen war.

Während Lethaus die Welt eines Global Players repräsentierte, waren die vergleichsweise winzigen, dafür aber agilen Unternehmen der geladenen Startups aus der breiten KI-Welt hier, um ihre neuen Ideen für die Welt von morgen vorzuführen. Beispiele gefällig?

Datanizing und die Sinnfrage: KI, die dank Machine Learning lernt, Texte in Echtzeit zu verstehen.

Bin-e und die Box: Garantiert besser als der Mensch: KI-gesteuerte Mülltrennung mit intelligentem Trenn- und Kompressionssystem für den Einsatz in Unternehmen.

Mendel und das Cyber-Matra: durch KI-Analyse der Verkehrsdaten Bedrohungen in Netzen schon finden, bevor sie erst Schaden anrichten können.

LyDAR Tech und das Embedding: KI nicht mehr als virtuelle Software, sondern zu Hardware geworden und mit einer Kamera ergänzt. So kann sie beliebige Stromzähler auslesen und die Daten ins Netz bringen. Exklusive High Tech – zu massenhaft verfügbarer Low Tech geworden. Naja: Für dieses Konzept braucht‘s dann schon was Ungewöhnliches: Startup als Global Player nämlich!

Doch bei aller Highflyerei der KI-Künstler: Auch bei den neuronalen Netzen hat sich nichts am Grundgesetz der Software geändert, wie uns der Preisträger offenbart.

O-Ton Markus Lucasson, Gründer und CTO Nyris GmbH

Wir verstehen! Ingenieure geben diese Kritik des öfteren zum besten. Die Neards arbeiten kreativ statt systematisch – und daher vielfach nicht exakt nachvollziehbar. Mit den neuronalen Netzen hat diese Methode eine neue Stufe erreicht. Noch mehr Trial und Error heute auf allen Ebenen der KI: bei der Erfassung der notwendigen Daten für den Lern-Input bis zu den Algorithmen, mit denen sie in neuronalen Netzen dann verarbeitet werden – Manipulation der Daten inbegriffen!

O-Ton (Übersetzung) Prof. Dr. Damian Borth, KI-Forscher, Universität St. Gallen
Man kann automatische Problemlösungssysteme am Daten-Interfact manipulieren. Es geht nicht um eine Cyber-Security-Attacke, man muss dafür nicht in ein geschütztes Netz einbrechen. Man kann solche Systeme am offenen Daten-Interface manipulieren – mit Bildern, die Menschen nicht sofort als falsch erkennen können. Das Problem ist nicht nur auf Deep Learning beschränkt, sondern gilt allgemein für Systeme mit Klassifizierungs-Algorithmen.

Der Fachmann aus der reinen Forschung sagt’s bei dieser Veranstaltung natürlich nicht ganz so direkt wie in dieser Headline. Aber selbst solch digitale Fachidiotie kann manchmal schwer zu durchblicken sein. Je weiter sich neuronale Netze entwickeln, desto weniger werden wir zuerst einmal „verstehen“, wie es in ihnen exakt zur Entscheidungsfindungen kommt. Da braucht es dann weitere Tools, konsequenterweise auch neuronale Netze, mit denen wir die künftigen neuronal-digitalen Qualitätsprüfer auf ihre eigene Qualität prüfen.

Wohin die KI einst führen könnte, war hier in luftiger Höhe nicht zu erfahren. Die Veranstaltung blieb da bodenständig im Hier und Jetzt der allernächsten Jahre. Ein bisschen träumen durfte man mit Nyris aber auch: KI – nicht nur im Dienste der Industrie, sondern künftig sogar für Jedermann – bei der Lösung der nur scheinbar kleinen Probleme unseres Alltags.

O-Ton Markus Lucasson, Gründer und CTO Nyris GmbH
  
Erstsendung: November 2018
© 2018 mce mediacomeurope GmbH
© Vorschaubild: DLR

  
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