Rover, der Neugierige

Rover, der Neugierige

Like This Video 2 Susanne
Added by 28. Juni 2018

Kraterseen von gestern, heutiges Methan in der Luft – und die Suche nach Leben

Der Mars-Rover Curiosity ist nun mehrere Jahre im Gebiet des Kraters Gale unterwegs. Unermüdlich nimmt er Bodenproben und inspiziert die Gegend mit seinen Sensoren. In dieser Reportage stellen wir die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse der von ihm gesammelten Daten über Methan-Vorkommen in der Marsatmosphäre und die Entstehungsgeschichte des Kraters Gales vor. Zudem zeigen wir, wie die Marsforscher mit den neuen Projekten „Insight“ sowie „Mars 2020“ auch die Frage beantworten möchten, ob sich auf unserem Nachbarplaneten einst Leben hatte bilden können.

Sprechertext der Sendung:

2011 brach der Mars-Rover Curiosity zu einer langen Reise auf. (Einblendung: Start 26. November 2011) Im Visier: Unser Nachbarplanet Mars. Seine Aufgabe: Neue Daten über die Entwicklungsgeschichte des roten Planeten zu sammeln. Die NASA hat die wichtigen Flugetappen dieser fast neun Monate dauernden Anreise in einer eindrucksvollen Animation zusammengestellt. Am 6. August 2012 landete Curiosity schließlich auf dem Mars. Das Ziel: der Krater Gale. In seinem Zentrum ein gewaltiges Bergmassiv, 5.500 Meter hoch und Aeolis Mons getauft. In den letzten sechs Jahren hat der Rover in diesem Becken 19 Kilometer zurückgelegt und dabei zahlreiche Daten für die wissenschaftliche Auswertung an das Kontrollzentrum des Jet Propulsion Lab übermittelt.

Und so stellen sich Planetologen die Entwicklungsgeschichte des Kraters heute vor: Er entstand vor etwa 3,7 Milliarden Jahren, also recht früh in der Geschichte des Planeten. Niederschlag und Oberflächenwasser sickerten in den Kraterboden. Gleichzeitig floss Wasser aus Tälern hinein. Millionen von Jahre hindurch kamen mit diesem Wasser auch Kies, Sand und Schlick in den Krater. Doch dann begann es zu verdunsten. Winde trugen neues Material hinein, das Oberflächengestein erodierte, schließlich sank auch das Grundwasser. Die Bodenstruktur, die wir heute durch die unterschiedlichen Sensoren von Curiosity sehen, hat sich seit den letzten drei Milliarden Jahren nicht mehr grundlegend verändert.

O-Ton (Übersetzung) Dr. Ashwin Vasavada, Projektwissenschaftler Curiosity, NASA JPL
Je tiefer man den Berg hinunter kommt, desto älter sind die abgelagerten Schichten. Während wir also mit dem Rover den Berg hinauf steigen, können wir etwas über die jüngere Geschichte des Mars erfahren. Und Klettern, das ist genau das, wofür wir Curiosity gebaut haben. Wir sind jetzt 330 Meter über dem Kraterboden angelangt. Das ist höher als viele Wolkenkratzer in Los Angeles sind. Immer wieder nimmt Curiosity auf seinem Weg Bodenproben im Gestein. Die folgende wissenschaftliche Auswertung der zur Erde gefunkten Labordaten dauert dann Jahre. Für die ersten Proben von Ende 2015 ist sie inzwischen abgeschlossen.

Die für viele spannendste Frage rund um den Mars bleibt vorläufig offen: Gab es einst Leben auf dem Schwesterplaneten der Erde? Zwar entdeckte der Rover bei seinen Bohrungen und den folgenden chemischen Analysen im mitgeführten Minilabor Stickstoffverbindungen, Methan und Kohlenmonoxid, ja sogar organische Moleküle, aber alle bisher entdeckten Stoffe lassen sich auch ohne die Entstehung von Leben erklären.

O-Ton (Übersetzung) Dr. Chris Webster, Wissenschaftler, NASA JPL
Jedes Kapitel zum Nachweis von Methan in der Marsatmosphäre war überraschend. Man hat unerklärliche Ausschläge gesehen. Das war problematisch, ja frustrierend, denn keine der Einzelmessungen war in Raum und Zeit wiederholbar. Wir konnten nur feststellen, dass sich Methan irgendwie sonderbar verhält, nur sporadisch zu messen ist und keinem erkennbaren Verteilungsmuster folgt. Doch jetzt wissen wir sicher: Die Methankonzentration schwankt im Laufe der Jahreszeiten. Das sich wiederholende Muster der Veränderungen über drei Marsjahre sehen wir in dieser Grafik. Und die große Überraschung war, dass sich der Methangehalt über ein Marsjahr hinweg tatsächlich um den Faktor drei verändert. Der Wert ist gewaltig und kam für uns völlig unerwartet. Wir haben nach Erklärungen für den Ursprung gesucht. Wir gehen heute nicht davon aus, dass das Methan von Meteoriten oder Kometen stammt oder dass es sich dabei um interplanetares Gas handelt. Sonst dürfte es unserer Meinung nach diese großen jahreszeitlichen Schwankungen nicht geben, sie dürften höchstens 20 Prozent ausmachen. Wir glauben, dass das Methan in Stoffen des Untergrunds gebunden ist. Wir wissen allerdings nicht, wann es entstanden ist, ob es schon lange dort lagert oder aber laufend neu entsteht. Und wir wissen auch nicht, ob das Methan durch chemische Veränderungen des Gesteins entstand oder möglicherweise von Lebensformen wie Mikroben gebildet wurde. Das können wir nicht feststellen. Wir denken aber, dass das Methan aus Poren oder Rissen im Gestein an die Oberfläche steigt, und dann reguliert die jahreszeitlich wechselnde Oberflächentemperatur, wie viel davon dann tatsächlich in die Atmosphäre entweicht.

Endgültig bewiesen hat Curiosity allerdings die frühere Existenz von Wasser auf dem Mars, eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von Leben – zumindest auf der Erde.

O-Ton (Übersetzung) Ken Farley, Projektwissenschaftler Mars 2020, NASA JPL
Wir hatten schon durch die früheren Marsorbiter Hinweise darauf erhalten, dass das Gestein im Krater Gale mit Wasser in Kontakt war. Durch den Mars Reconaissance Orbiter und durch Mars Express. Die Instrumente an Bord dieser Sonden haben an dieser Stelle Tonmineralien detektiert. Wir wussten also, dass einige dieser Schichten zu Stein gewordener Lehm sind – und das bedeutet, dass sie irgendwann zuvor einmal mit Wasser in Berührung gekommen sein mussten. Aber wir wussten nicht, ob es im Krater Gale wirklich Wasser gegeben hat. Und genau das hat uns Curiosity jetzt gezeigt. Wasser hat es also auf dem Mars hunderttausende, wenn nicht Millionen von Jahre gegeben.

Zuletzt von Curiosity noch das: Ganz spezielle Grüße vom Mars – mit den Selfies des Rovers. Jede dieser Aufnahmen entsteht aus einer Vielzahl von Detailfotos, die der Roboter mit einer auf einem Arm montierten Kamera von sich selbst schießt. Möglich macht sie eine vom Boden aus gesteuerte Software. Die Selfies müssen dann in mühevoller Kleinstarbeit zusammengesetzt werden.

Mit der nächsten Generation eines Marsrovers (Einblendung: Start 2020) soll auch die Frage beantwortet werden, ob es auf dem Mars jemals Leben gegeben hat, ehe der Mensch dann dort landen wird.

O-Ton (Übersetzung) Dr. Ashwin Vasavada, Projektwissenschaftler Curiosity, NASA JPL
Mars 2020 bringt zwei neue Aspekte: Der Rover soll erstens gezielt nach Anzeichen für Leben suchen. Außerdem soll er Bodenproben aus dem Gestein bohren und sie anschließend in einer Metallkapsel fest verschließen, damit wir sie dann mit einer späteren Mission zur Erde bringen können. Wir haben bei Mars 2020 so weit wie möglich auf bestehende Technologien von Curiosity zurückgegriffen. Wir nutzen eine ähnliche Rakete, auch das Landemanöver wird ähnlich sein. Der Rover als solcher ist fast baugleich mit Curiosity. Die Mission ist wissenschaftlich interessant und das, obwohl wir dafür nur wenig neu entwickeln müssen. Das spart Geld und Zeit und minimiert auch das Risiko.

Im Mai 2018 ist ein weiterer Roboter gestartet. (Einblendung: InSight = Interior exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport). Während alle bisherigen Rover und Lander ausschließlich die Oberfläche des Mars inspiziert haben, wird InSight eine stationäre Sonde sein, die das Innenleben des Planeten erkundet.

O-Ton (Übersetzung) Bruce Benerdt, InSight Principal Investigator, NASA JPL
Wir wissen schon viel über die Oberfläche des Mars, über seine Atmosphäre und Ionosphäre. Aber wir wissen noch recht wenig darüber, was da einen Kilometer unter der Oberfläche vorgeht – und noch weniger, wie es 3000 Meter darunter oder gar im Zentrum aussieht. Insight ist genau auf solche Untersuchungen spezialisiert.

Neben einem Seismometer zur Messung minimaler Bewegungen im Marsboden ist ein Infrarot-Radiometer an Bord. Es wird die Temperatur direkt an der Oberfläche erfassen. Hauptteil des Experiments ist eine Rammsonde. Sie zieht ein Messband mit hochempfindlichen Thermometern hinter sich her, die die Temperaturzunahme bis in fünf Meter Tiefe messen. Das gibt erstmals Informationen, ob der Kern des Mars heute noch geschmolzen ist. Zudem sollen über Dopplerverschiebungen von Funkwellen minimale Schwankungen der Neigung der Rotationsachse erfasst werden – und so erstmals Aufschluss über die Massenverteilungen im Inneren des Planeten geben. In dieser Tiefe schlummern vielleicht sogar Geheimnisse, die uns bei der Suche nach Leben auf dem roten Planeten neue Erkenntnisse liefern.

O-Ton (Übersetzung) Tom Hoffman, InSight Projektmanager, NASA JPL
Wir wissen, dass die Erde bewohnbar ist, der Mars heute aber nicht. Es könnte gut sein, dass wir dann besser verstehen, warum das so ist.
 

Erstsendung: Juni 2018
© 2018 mce mediacomeurope GmbH
© Vorschaubild: NASA JPL

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2 Comments

  1. Peter
    Peter 16 Juli, 2019, 15:30

    Außerordentlich informative Web-Site. Bin erstaunt, dass noch niemand einen Kommentar geschrieben hat: hab allerdings selbst nur durch Zufall eure großartig gemachten Beiträge entdeckt!

  2. Susanne
    Susanne 16 Juli, 2019, 15:43

    Danke, solch Lob ist mein Lohn. Meine Sendungen, die physikalisch ja auf YouTube liegen, haben hier in meinem eigenen Portal nur geringe Reichweite, meine Hauptzuschauerschaft kommt durch eine Lizenzierung meiner Sendungen mit einem Free-TV-Sender namens Anixe, weiter über eine Medienkoop mit Spektrum der Wissenschaft sowie Funke Digital, wo HYPERRAUM.TV im Programm-Paket TVplus für Samsung-Geräte im Bereich Wissen zu finden ist. Aber ja, No Names haben es mit anspruchsvollem Programm im Netz ziemlich schwer … aber das hab ich vorher schon gewusst! Auch wenn man davon nicht leben kann: Es macht mir einfach Spaß, die Sendungen zu produzieren – übrigens bin ich Einzelkämpferin, nehme den Pluralis majestatis aber gerne für mich in Anspruch!

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