Das größte Sonnenkraftwerk der Erde

Das größte Sonnenkraftwerk der Erde

Like This Video 1 Susanne
Added by 16. April 2017


 

In Marokko entsteht mit NOOR ein gigantischer Kraftwerk-Komplex für Solarenergien

 

Die Solarenergie hat in den letzten Jahren mächtig an Fahrt aufgenommen. Heute stehen mit der Photovoltaik sowie solarthermischer Energieerzeugung unterschiedliche Technologien zur Verfügung. Nach Meinung von Experten werden diese unterschiedlichen Technologien künftig auch kombiniert zum großtechnischen Einsatz kommen. In Marokko entsteht derzeit das weltweit größte Kraftwerk-Komplex aus Sonnenenergie, in der diese Zukunft bereits erprobt wird. Für 2,2 Mrd. Euro – maßgeblich finanziert durch Duetschland – entsteht ein Hybrid-Kraftwerk, das mit einer Leistung von 580 MW bald 1,3 Millionen Marokkaner versorgen soll.


 
Sprechertext der Sendung:
 
Energie aus der Sonne ist bei der Entwicklungs-Zusammenarbeit zu einem Hit internationaler Finanzierung geworden. Im Verbund mit dem Aspekt der Reduzierung von CO2 sowie mit industriepolitischen Überlegungen erwuchs in Ländern des Sonnengürtels eine Vielzahl von geförderten Solar-Projekten: In Bolivien ebenso wie in Indonesien oder Kenia – rund um den Globus liegt das Investitions-Terrain der Weltbank oder der KfW, die im Auftrag der Bundesregierung weltweit günstige Kredite vergibt. Dabei geht es nicht nur um lokale Stromgewinnung für kleine Handwerksbetriebe, sondern auch um große Kraftwerke.

Wo für erneuerbare Energie aus der Sonne die ertragreichsten Zonen liegen, kann man heute aus unterschiedlichen Quellen erfahren. Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) veröffentlicht beispielsweise regelmäßig detailreiche Studien, auch interaktive Karten, die das Potenzial unterschiedlicher Regionen zeigen. Beispiel Westafrika und die Zonen, die sich für den Ausbau mit Solarkraftwerken besonders gut eignen.

Auf dem afrikanischen Kontinent gilt Marokko als ambitionierter Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Das arabische Land hat selbst kein Erdöl, ist also auf den Import fossiler Brennstoffe angewiesen. Wohl auch deshalb hat das wirtschaftlich aufstrebende Land zu Zeiten des Ölpreis-Höchststandes entschieden, rasch auf die alternative Energiegewinnung umzustellen. Dafür hat die marokkanische Agentur für nachhaltige Energien, die MASEN, eine umfangreiche Strategie erarbeitet. Schon 2020 will Marokko über vierzig Prozent der landesweiten Produktion über den massiven Ausbau von Sonnen- und Windkraftwerken abdecken, 2030 soll der Anteil sogar auf mehr als 50 Prozent steigen.

Für Deutschland ist Marokko traditionell ein wichtiges Schwerpunktland. Inzwischen ist der Energiesektor mit Wind- und Solar-Kraftwerken zum größten Posten im Portfolio der deutschen Förderbank geworden.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

Der größte Teil dieser Investitionen fließt derzeit in die Region von Quarzazate, gelegen am westlichen Rand der Sahara. Bis vor wenigen Jahren war der Ort vor allem als Tor zur Straße der tausend Khasbahs berühmt, jener Speicherburgen aus Lehm, die die Berber vor hundert Jahren und mehr in der kargen Wüstenlandschaft erbaut haben – ein beliebtes Touristenziel globaler Weltenbummler und eine begehrte Traumkulisse für Hollywoods Filmindustrie.

Jetzt ist Quarzazate auch ein Ort, in dem Technikgeschichte geschrieben wird: mit einem gewaltigen Komplex, den die Marokkaner „NOOR“ – also Licht – getauft haben. Der Ort hat weltweit eine der höchsten Werte für die Sonneneinstrahlung. (Einblendung: durchschnittlich pro Jahr 2.500 Kilowattstunden pro Quadratkilometer – Vergleich zu Deutschland: 1000 Kilowattstunden)

Hier entstehen vier gewaltige Kraftwerke mit dem weltweit vorläufig größten Komplex für Strom aus Sonnenenergie- von der saudi-arabischen ACWA Power für 25 Jahre betrieben. (Schrifteinblendung: Endausbau bis 2018, insgesamt 580 Megawattstunden Leistung).

Die Projektkosten sind mit insgesamt 2.2 Milliarden Euro enorm.

Möglich geworden ist die Anlage der Superlative dank erheblicher internationaler Fördermittel. Deutschland ist für NOOR mit rund 830 Millionen Euro der mit Abstand größte Einzelfinanzierer. Aber auch andere Geldgeber wie die Europäische Union oder die Weltbank sind an diesem Prestige-trächtigen MEGA-Projekt beteiligt.

Die vier gewaltigen Kraftwerke zusammen decken ein Areal von mehr als 4.500 Fußballfeldern ab und zeigen drei unterschiedliche Solartechnologien.

NOOR I: 682 Mio. € – 160 MW – Parabolrinnen-Technologie
NOOR II: 871 Mio. € – 200 MW – Parabolrinnen-Technologie
NOOR III: 676Mio. € – 150 MW – Solarturm-Technologie
NOOR IV: 70 Mio. € – 70 MW – Photovoltaik-Technologie

NOOR I und II erzeugen Strom solarthermisch mit Parabolrinnen. Experten bezeichnen diese Technologie heute als CSP (für Concentrated Solar Power).

Das erste kommerziell betriebene Parabolrinnen-Kraftwerk entstand 2007 im spanischen Andalusien, mit erheblichen Investitionen aus Deutschland. Die Sonnenstrahlung wird über diese Kollektoren auf das achtzigfache gebündelt. In der Brennlinie dieser Spiegel läuft eine Röhre, durch die ständig ein auf maximal 400 Grad erhitztes Thermo-Öl zirkuliert. Es wärmt einen angeschlossenen Wasserdampf-Kreislauf. Der wiederum treibt eine herkömmliche Dampfturbine an, die den Strom erzeugt.

Bei Überproduktion wird die Energie in riesigen Behältern gespeichert, die mit einem speziellen Flüssigsalz gefüllt sind. Hier kann die Wärme für mehrere Stunden „zwischengelagert“ werden. So lässt sich auch in den Abend- und Nachtstunden noch Strom erzeugen.

Vor zehn Jahren kostete die Andasol-Technologie noch knapp 30 Cent für die Kilowattstunde.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

In NOOR III wird derzeit eine zweite CSP-Technologie aufgebaut, die als Solarturm bezeichnet wird. Wie die Technologie für NOOR II kommt diese auch aus Spanien.

In Almeria experimentieren Mitarbeiter des Deutschen Forschungszentrums für Luft- und Raumfahrt. Seit Jahrzenten entwickeln sie hier gemeinsam mit spanischen Partnern an solarthermischen Technologien, darunter auch in einer Solarturm-Testanlage. Die dem Sonnenlicht präzise nachgeführten Heliostaten fokussieren dabei das Licht stets präzise auf die Spitze eines Turms – und bündeln es so auf das 500- bis tausendfache der Direktstrahlung.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

Allerdings ist die Solarturm-Technologie anspruchsvoller im Engineering, meint der Solarforscher.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

Experten sagen ihr trotzdem eine große Zukunft voraus.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

Photovoltaik-Kraftwerke dagegen wandeln Strahlung direkt in Strom um. NOOR 4 wird ein solches PV-Feld werden. Die Produktionskosten für „nackten“ PV-Strom ohne Speicherung sind in Zonen hoher Sonneneinstrahlung heute schon auf unter drei Cent gefallen. PV-Anlagen sind also derzeit die mit Abstand kostengünstige Technologie. In diesem Preis nicht enthalten ist jedoch die Speicherung, die bei leistungsstarken PV-Anlagen der Größenordnung von Quarzazate heute nicht wirtschaftlich ist.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

Bisher wurden Kraftwerke nach Technologie ausgeschrieben – mit den Erneuerbaren ist jetzt aber auch der Mix unterschiedlicher Technologien im Kommen. Der wird sich auch am jeweiligen Bedarf orientieren.

Wie sich die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Solarkrafttypen im nächsten Jahrzehnt entwickeln wird, kann selbst der Experte heute nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber sicher ist: Die Energieerzeugung muss auch noch in ein ganzheitliches Energiesystem gebracht werden – und da sieht der Fachmann noch ein optimierbares Timing-Problem der Energiewende insgesamt.

O-Ton Prof. Dr.-Ing. Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am DLR

 

 
Erstsendung: April 2017
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© Vorschaubild: MASEN Marokko

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