Himmlische Nordlichter

Himmlische Nordlichter

Like This Video 0 Susanne
Added by 29. Januar 2017


 

Die Interaktionen zwischen Sonnenwind und irdischem Magnetfeld

 

Polarlichter sind ein gewaltiges Naturschauspiel, das den nördlichen Himmel erhellt. Ausgelöst werden sie durch die Wechselwirkung der Materie des sogenannten Sonnenwinds mit dem irdischen Magnetfeld. Dessen Teilchen, vorwiegend Protonen und Elektronen, verfangen sich darin und interagieren dabei mit den Teilchen der Erdatmosphäre. Der Sonnenwind entsteht durch gewaltige Materieauswürfe auf der Sonne, die in einem elfjährigen Zyklus schwanken. 

 
Sprechertext der Sendung:
 
Der Himmel über der Arktis – spektakuläre Nordlichter erhellen die Nacht. Früher als Boten der Götter interpretiert, wissen wir heute, dass Auroras ihre Ursache in der Aktivität der Sonne haben.

Die Sonne – ein ganz gewöhnlicher Stern.

Unter Milliarden anderen ein ganz durchschnittlicher Stern in unserer Milchstraße.

Von der Erde aus betrachtet, erscheint sie ruhig.

Die Wirklichkeit sieht anders aus!

In der Sonne arbeitet ein gewaltiges Kraftwerk; tief im Inneren wird unvorstellbar große Fusionsenergie erzeugt – bei einer Temperatur von mehr als 14 Millionen Grad. Der Druck ist so enorm, dass Wasserstoff-Atome zu einem anderen Element, zu Helium, zusammengepresst werden. Bei dieser Kernreaktion wird Energie freigesetzt.

Die im Inneren erzeugte Wärme bewegt sich in riesigen Wirbeln zur Oberfläche. Die Hitze ionisiert die Gasatome der Sonnenmaterie, in diesem Zustand wird das Gas auch Plasma genannt. Durch die permanente Bewegung entstehen elektrische Ströme, die gewaltige Magnetfelder erzeugen. An manchen Stellen treten diese Magnetfelder aus der Oberfläche der Sonne.

Wird das Magnetfeld stark genug, behindert es die Bewegung des Plasmas. Es kühlt an der Oberfläche ab und es erscheinen dunklere Sonnenflecken.

Wo das Magnetfeld schwächer bleibt, wird es gedehnt und verdreht sich manchmal wie ein Gummiband. Berühren sich die Schleifen beim Verdrehen, schließen sich die Magnetfeldlinien kurz. Es kommt – so der Fachterminus – zu einer „Rekonnexion“. Die Struktur eines Magnetfeldes ändert sich, große Energiemengen werden freigesetzt und die Schleife mit der darin eingeschlossenen Materie wird fortkatapultiert.

Einige Milliarden Tonnen von Plasma werden dabei von der Sonne weg geschleudert. Wir sprechen von einem koronalen Massenauswurf oder, englisch abgekürzt, „CME“ für „coronal mass ejection“. Die Gaswolke besteht hauptsächlich aus Protonen und Elektronen – diese kann Geschwindigkeiten bis zu acht Millionen Kilometer pro Stunde schnell in den Weltraum hinaus geschleudert werden.

Dieser gewaltige Sonnensturm erreicht die Erde.

Dort trifft er auf einen unsichtbaren Schild: das irdische Magnetfeld.

Während das irdische Magnetfeld den normalen Sonnenwind um unseren Planeten herumleitet, staucht der ernorme Druck der mächtigen CME-Gaswolken das Magnetfeld der Erde bis auf die Hälfte zusammen, auf der sonnenabgewandten Seite – also auf der Nachtseite – zerfranst das Magnetfeld zu einem langen chaotischen Schweif.

Die geladenen Teilchen des Sonnensturmes werden entlang der Feldlinien vom magnetischen Feld eingefangen und um die Erde herumgeleitet. Der Schutzschild ist jedoch verwundbar: in den Polgebieten der Erde führen die Feldlinien geradewegs auf die Erdoberfläche zu. Hier stoßen die Elektronen auf die Gasteilchen der Atmosphäre und regen diese zum Leuchten an – in einer Höhe von 100 bis 300 Kilometern kommt es zu den nächtlichen Polarlichtern.

Die Europäische Raumfahrtmission hat für die Beobachtung des Erdmagnetfeldes das Projekt Swarm entwickelt. Die Satelliten, die an riesige Insekten erinnern, sind Teil des Earth Explorer-Programms, zu dem auch Cryosat, GOCE und SMOS gehören. Wissenschaftler wollen damit die Struktur des Erdmagnetfeldes und seine Wirkungsmechanismen besser verstehen.

O-Ton Roger Haagmanns, Wissenschaftlicher Projektleiter SWARM (Übersetzung)
Das Erdmagnetfeld entsteht im Erdkern, 3000 Kilometer tief im Erdinneren. Die Erde ist wie ein gewaltiger Dynamo. Würden wir ihn schnell abstellen, dann könnte es sein, dass das Feld dabei umkippt und sich entgegen gesetzt wieder aufbaut. Aber das ist eine offene wissenschaftliche Frage, eine, die wir mit SWARM beantworten möchten. Das ist wirklich der zentrale Kern der Mission. Die Erde ist dynamisch, wir müssen verstehen, was in ihr passiert, nur so können wir Aussagen darüber treffen, was mit unserer Erde in Zukunft geschieht.

Die Farben des Polarlichtes hängen von der Energie der einfallenden Elektronen und von den atmosphärischen Gasteilchen ab, die getroffen werden. Grüne und rote Farbenspiele entstehen, wenn Sauerstoffatome angeregt werden, bei blauen und violetten Farbtönen treffen die Teilchen auf Stickstoffmoleküle der Atmosphäre.

Hier eine gewaltige Aurora Borealis, aus dem Weltraum aufgenommen aus der ISS am 29. Januar 2012 über dem Nordpazifik.

Mit dem Projekt Themis hat die NASA 2007 fünf baugleiche Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht, um unterschiedliche Erscheinungsformen von Nordlichtern zu erforschen. Jede Sonde ist 128 Kilogramm schwer und bei ihrem Flug durch einen Spin von 16 Umdrehungen pro Minute stabilisiert. Ihre Antennen müssen sehr lang sein – dadurch ist sichergestellt, dass der Satellit nicht selbst die Messungen beeinflusst.

Mit Hilfe der THEMIS-Satelliten konnte die Existenz von magnetischen Bändern nachgewiesen werden. Sie bilden sich in der Magnetopause, jenem Gebiet, in dem der Sonnenwind auf das irdische Magnetfeld trifft. Themis steht für „Time History of Events and Macroscale Interactions during Sunstorms”.

Diese animierte Rekonstruktion des irdischen Magnetfeldes zeigt, dass es abhängig von den Sonnenaktivitäten erheblichen Veränderungen unterworfen sein kann. Hier anlässlich des Sonnensturms im November 2003.

Sonnenstürme treten immer wieder auf, eine Vorhersage der gewaltigen Masseausschleuderungen gibt es bisher nicht. Allerdings wissen wir, dass die Sonne zyklisch wiederkehrende Phasen besonders hoher Aktivitäten zeigt.

Dieser Zyklus dauert ungefähr elf Jahre; es können auch 8 oder 14 Jahre sein. Direkt beobachtbar ist er für uns durch die Veränderungen der Sonnenflecken.

Die Intensität der Zyklen schwankt erheblich.

Sonnenflecken wandern währenddessen über die Oberfläche. In Phasen des Maximums befinden sie sich eher in höheren Breiten und schieben sich dann – schwächer werdend – in die äquatoriale Gegend. In der Periode des Minimum werden manchmal sogar überhaupt keine Sonnenflecken beobachtet.

Sonnenflecken sind die sichtbaren Marker der gewaltigen solaren Magnetfelder.

Hier sehen wir eine Animation, die Veränderungen von Sonnenflecken über einen Zeitraum von einigen Tagen festhält. Blaue Pfeile dokumentieren die Stellen, in denen die Magnetfelder aus der Oberfläche aufsteigen, die roten ihr Absinken. Der Elf-Jahres-Zyklus steht in direktem Zusammenhang mit dem etwa 22 Jahre dauernden Zyklus des Magnetfeldes der Sonne. Denn alle 11 Jahre kippt es. Der Südpol wird zum Nordpol und umgekehrt. Ursache dafür sind komplexe elektromagnetische Vorgänge im Inneren der Sonne, die wir heute noch nicht genau kennen.

Die ESA hat eine lange Tradition in der Sonnenforschung; die 1990 gestartete Sonde Ulysses hat wesentliche neue Erkenntnisse über die Sonnenkorona, den Sonnenwind und das solare Magnetfeld gebracht. Ihre Lebensdauer überschritt alle Erwartungen; der Betrieb wurde mehrfach verlängert und endete erst 2009. Die Mission gilt bereits heute als Meilenstein der europäischen Raumfahrt.

Darüber hinaus erfassen seit dem Jahr 2000 die vier im Verbund betriebenen Cluster-Satelliten der ESA ein dreidimensionales Bild der Kollisionen zwischen Sonnenwind und Magnetfeld der Erde.

Für manche Zeitgenossen ist die auf uns zukommende Zeit hoher Sonnenaktivität deshalb Anlass zu großer Besorgnis. Amerikanische Weltuntergangs-Propheten haben Hochkonjunktur. Die NASA sieht sich aufgefordert, Wissenschaftler mit beschwichtigenden Worten öffentlich zu präsentieren.

O-Ton Dr. Alex Young, Sonnenphysiker (Übersetzung)
Wir leben auf einem Planeten mit einer sehr dichten Atmosphäre. Sie hält die schädliche Strahlung ab, die in solaren Flares entsteht. Selbst die größten Ereignisse dieser Art, die wir in den vergangenen 10.000 Jahren beobachtet haben, konnten die Erdatmosphäre nicht grundlegend beschädigen, so dass wir nicht genügend geschützt wären. Auch koronale Massenauswürfe ereignen sich laufend.

Aufgeklärtere Geister stellen sich darauf ein, dass die erhöhten Sonnenaktivitäten in den nächsten Jahren bei uns zu Beeinflussungen im Funkverkehr, zu Störungen im Satellitenbetrieb, zu Beeinträchtigungen beim Handyempfang und sogar zu kurzfristigen Stromausfällen führen können. Selbstverständlich auch zu wunderschönen Naturphänomenen – den Nordlichtern!

Vorschaufoto: Alex Conu / visitnorway.com

Erstsendung: Januar 2017

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