Weltraumteilchen im Wassertank
Das Pierre-Auger-Observatorium misst kosmische Höhenstrahlung
Mitten in der einsamen Pampa von Argentinien, in rund 1.500 Metern Höhe am Rande der Anden, liegt das Pierre-Auger-Observatorium. Es ist weltweit die einzige Beobachtungsstätte dieser Größenklasse, die mit Detektoren unterschiedlicher Art die hochenergetische Kosmische Strahlung untersucht. Ziel ist es, mehr über deren Ursprung zu erfahren. Denn niemand kann heute theoretisch ableiten, woher sie kommt und vor allem wie die unvorstellbar hohen Energien kosmisch erzeugt werden.
Link-Empfehlungen der Redaktion zu weiterführenden Informationen:
– mehr über das Pierre-Auger-Observatorium – hier
– zu unserer Studiomoderation über die Forschungen zur Kosmischen Strahlung im Pierre-Auger-Observatorium – hier
Mehr zum Inhalt des Videos:
Auf der Erdoberfläche lässt sich die kosmische Strahlung nicht direkt messen. Trifft ein Teilchen auf die obere Atmosphäre, beginnt ein für das menschliche Auge unsichtbares Kollisionsspektakel. An deren Ende steht ein Schauer aus unzähligen Myonen und Elektronen, die im ultravioletten Licht leuchten. Die Astrophysiker beobachten die Teilchenschauer mit unterschiedlichen Methoden, darunter Detektoren für Tscherenkow-Strahlung, Fluoreszenz-Teleskope und Radiowellen. Diese unterschiedlichen Nachweisprinzipien erlauben es, systematische Fehler einer einzelnen Beobachtungsmethode herauszufiltern.
Mit Fluoreszenz-Teleskopen wird diese elektromagnetische Strahlung im UV-Bereich aufgezeichnet und analysiert. Zusammen mit der präzisen Messung der Zeit des Eintreffens jedes einzelnen Teilchens lässt sich ein Modell des Schauers entwickeln und Rückschluss auf die Herkunft des Teilchens ziehen. Da die Atmosphäre selbst ein Teil der Versuchsanordnung im freien Feld ist, der die Beobachtungsdaten beeinflusst, wird der Zustand der Atmosphäre permanent überwacht, also kalibriert. Diese Daten – vor allem die Transparenz der Atmosphäre im Zeitpunkt der Teilchenschauer – fließen in die Modellierung mit ein.
Eine über die gesamte Fläche von rund 3000 Quadratkilometern verteilte Experimentalanlage von 1.600 Wassertanks ist mit Tscherenkow-Detektoren ausgerüstet. Das Funktionsprinzip: Im Wasser des Behälters ist die Lichtgeschwindigkeit geringer als im Vakuum. Treffen die hochenergetischen Myonen aus dem Schauer mit Lichtgeschwindigkeit auf Wasser, dann werden sie darin abgebremst. Dabei erzeugen sie Lichtblitze, die sogenannte Tscherenkow-Strahlung. Mit Hilfe von Photomultipliern lässt sich das blaue Licht messen. Mithilfe umfangreicher physikalischer Modelle gibt die Intensität dieser Strahlung Aufschluss über die Energie der Teilchen. Zudem kann auch hier durch die Feststellung des Einfallswinkels die Herkunft der Schauer festgestellt werden.
Mit einem geplanten Upgrade der Anlage, deren Finanzierung derzeit noch nicht beschlossen ist, wollen die Wissenschaftler im Pierre-Auger-Observatorium künftig die präzise Zahl der Myonen ermitteln. Das würde genauen Aufschluss darüber geben, welches Primärteilchen jeden einzelnen Event ausgelöst hat: beispielsweise ein schwerer oder leichter Atomkern, ein Proton oder ein Gammaquant. Heute ist eine Aussage dazu nur durch statistisch möglich.
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Sehr geehrte Frau Päsch,
wieder einmal bin ich beeindruckt von einem Ihrer Beiträge; sowohl interessant im Sinne von „Erweiterung des eigenen Horizonts“, aber auch faszinierend, wo und wie man doch Physik machen kann, und darüber erstaunt, dass ein CERN fast im Geld schwimmt, während die „natürlichen“ Teilchenbeschleuniger“ vom Forschungsinteresse quasi vernachlässigt werden. Weiter so in diesem Sinne!
Danke doch – und ja, der Besuch im Pierre-Auger-Observatorium war sehr aufschlussreich. Ich denke auch, es macht viel Sinn, über die mehr im Verborgenen laufenden Aktivitäten bezüglich der von Ihnen so trefflich bezeichneten „natürlichen Teilchenbeschleuniger“ zu berichten. Wir werden übrigens einen zweiten Bericht über die dortige Forschung folgen lassen – wird aber noch drei Wochen dauern. Ich hoffe, Sie betrachten es nicht als unzulässiges Plagiat, wenn ich für die Betitelung auf Ihre so punktgenaue Bezeichnung zurückgreife!
Susanne Päch