Summ, summ, summ …
Schwarmforschung mit Kollektiven aus lebenden und künstlichen Bienen
Am Artificial Life Lab der Uni Graz sucht Thomas Schmickl, Professor für Zoologie, mit seinem Team nach Möglichkeiten, Bienen-Schwärme mit künstlichen Wesen zu infiltrieren und so das Verhalten dieser kollektiven Lebensform zu beeinflussen. Ziel am Horizont ist es, die inzwischen bedrohten Bienen durch diesen Eingriff wieder fit zu machen – trotz der wachsenden Einschränkung des Lebensraums für diese so wichtigen Nützlinge.
Sprechertext der Sendung:
Schleckermäuler lieben süßen Honig. Ihre Produzenten, die Bienen, greifen aber noch viel tiefer in die menschliche Nahrungskette ein. Auch Sonnenblumen und Obstbäume ebenso wie Erdbeeren oder Raps: Viele Pflanzen würden ohne Bestäubung durch diese Insektenart wesentlich weniger ertragreich sein.
Bienen gelten inzwischen als bedrohte Spezies. In der Landwirtschaft belastet der Mensch die Gesundheit der Nützliche mit Pestiziden. Und gleichzeitig schränkt er ihren Lebensraum durch Besiedelung und Kultivierung von Landflächen zunehmend ein. Wie man den Bienenstock und seine Bevölkerung fit für die Zukunft machen könnte, daran arbeitet Thomas Schmickl, Professor für Zoologie, zusammen mit seinem Team am Artificial Life Lab an der Uni in Graz. Es ist ein ungewöhnlicher Ansatz: Die Forscher entwickeln Robo-Insekten, mit denen sie das Verhalten der Bienen studieren können. Zuerst einmal geht es in den Versuchen darum, die Verhaltensteuerung innerhalb von Schwärmen besser zu verstehen. Noch sind die hier im Labor eingesetzten Robo-Bienen nicht mobil.
O-Ton Prof. Dr. Thomas Schmickl, Biologe, Artificial Life Lab, Universität Graz
Doch das macht den Bienen offenbar nichts aus.
In jeder Bienen-Kolonie kommt es zu umfangreichem Nachrichtenaustausch, der über unterschiedliche Stimuli geregelt wird: durch Wärmung oder Kühlung, mit Vibrationen, über Tänze sowie mit Futteraustausch und Geruchsstoffen. Das gesamte Regelungssystem in einer Bienenkolonie haben Biologen längst noch nicht entschlüsselt. Hier in Graz untersucht man mit Robo-Bienen einzelne Details in der Verhaltenssteuerung dieses Schwarms.
O-Ton Prof. Dr. Thomas Schmickl, Biologe, Artificial Life Lab, Universität Graz
Die Versuchsreihen laufen in diesen abgedunkelten Kästen ab, denn im Zentrum des Bienenstocks gibt es kein Licht. Das hat zudem einen Vorteil: Die Test-Bienen können die Roboter nicht sehen. Martina Szopek ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Artificial Life Lab und zeigt uns hier den grundsätzlichen Versuchsaufbau.
O-Ton (Übersetzung) Martina Szopek, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Artificial Life Lab, Universität Graz
“Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Bienen zu beeinflussen. Wir können sie mit Temperatur steuern. Diese Metallplatten sind im Versuch mit Wachs bedeckt, das vom Roboter erwärmt werden kann. Wir sehen hier, wie der Roboter die jungen Bienen wie im Brutnest anzieht. Dann haben wir hier rundherum Schlitze, durch die der Roboter ganz sanft Luft ausblasen kann. Mit der Kühlung können wir die Bienen verteilen und an unterschiedliche Orte steuern. Und dann ist da noch die Vibration. Die kann ich hier nicht demonstrieren. Bienen vibrieren, und sie können auch in bestimmten Mustern vibrieren. Auf diese unterschiedlichen Vibrationsmuster reagieren die Mitglieder im Brutnest sehr stark.“
Die künstlichen Bienen sind in ihrem Verhalten inzwischen so weit entwickelt, dass sie von den jungen Mitgliedern als zugehöriger Teil ihrer Gesellschaft akzeptiert sind. Sie sind damit in der Lage, die Gemeinschaft entsprechend wissenschaftlicher Aufgaben autonom zu steuern – beispielsweise: ein bestimmtes Verteilungsmuster der Bienen im Brutnest zu erreichen.
O-Ton Prof. Dr. Thomas Schmickl, Biologe, Artificial Life Lab, Universität Graz
All das ist noch Grundlagenforschung. Aber dennoch hat Thomas Schmickl schon die künftige Anwendung im Visier.
O-Ton Prof. Dr. Thomas Schmickl, Biologe, Artificial Life Lab, Universität Graz
Erstsendung: Juli 2018
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