Enzym-Schöpfer

Enzym-Schöpfer

Like This Video 1 Susanne
Added by 24. April 2016


 

Durchmusterungsstrategien für das Verständnis der Bausteine des Lebens

 

Mit der „Directed Evolution“ wollen Biochemiker das Universum der Enzyme entschlüsseln und es für das Protein-Engineering in der Biotechnologie nutzbar machen. Auf dem Industrial Biotech Forum hat der Biochemiker Ulrich Schwaneberg von der RWTH Aachen berichtet, werden mögliche Enzyme mit Durchmusterungsstrategien untersucht.

 

Link-Empfehlung der Redaktion zum Thema:

Die Reportage berichtet, wie molekulare Systembiologen die Geheimnisse des Stoffwechsels in einer Zelle ausspüren – und dabei Grundlagenwissen für das Protein Engineering entwickeln, das Biotechnologen künftig dazu verhelfen wird, Vom Probieren zum Konstruieren zu gelangen.

 

Sprechertext der Sendung:

Wir sind auf dem Industrial Biotechnology Forum 2016, gemeinsam veranstaltet von der Technischen Universität München und dem vom Freistaat Bayern unterstützten IBB Netzwerk. Dessen Aufgabe ist es, einschlägige Kompetenzen zu bündeln und den Forschungs- und Entwicklungsstandort Bayern zu fördern.

Das Schlagwort der „directed evolution“ stand am ersten Tag im Mittelpunkt. Kurz gesagt geht es darum: Natürliche Enzyme sind in einer Vielzahl von Produkten des täglichen Lebens zu finden (z.B: Waschmittel), manche konsumieren wir auch (z. B. Käse, Brot). Immer häufiger kommen Enzyme als Katalysatoren zudem in der Produktion der chemischen Industrie zum Einsatz (z.B. Kosmetika). Enzyme, die zur Klasse der Proteine gehören, bieten für Biotechnologen deshalb ein mächtiges Forschungsgebiet für neue Anwendungs-Möglichkeiten.

O-Ton Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg, Lehrstuhl für Biotechnologie an der TU Aachen

Das Potenzial ist zwar gewaltig – aber die Forschung heute noch technologisch limitiert, es systematisch zu heben. Deshalb sind in der Enzymforschung vielfach noch Erfahrung und Intuition die Methoden der Wahl.

O-Ton Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg, Lehrstuhl für Biotechnologie an der TU Aachen

Es geht also beim Verständnis der Funktion von Enzymen letztlich um Anwendungen für die Industrie, aber irgendwie eben auch um Grundlagenforschung an der Front der Erkenntnisse. Denn für systematische Entwicklungen fehlt die strukturelle Übersicht der Funktionsweise dieser komplexen Makromoleküle, deren biotechnologische Wirkung vor allem durch die Anordnung der einzelnen Bausteine im dreidimensionalen Raum definiert wird. Dieses Strukturwissen aufzudecken, ist eine Sisyphosarbeit. Denn das Universum der winzigen Proteine ist mächtig.

Wir blicken hinaus in den Weltraum. Die Anzahl aller Sterne ist für uns schier unvorstellbar (Schrifteinblendung: 100 Trilliarden Sterne im Universum). Doch schon im Mikrokosmos kleiner Proteine mit weniger als fünf Nanometern im Durchmesser gibt es eine um den Faktor 100 größere Zahl von Möglichkeiten. Proteine haben mindestens 20 verschiedene Einzelbausteine, die Natur kann daraus also 20 100 verschiedene Verbindungen generieren.

O-Ton Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg, Lehrstuhl für Biotechnologie an der TU Aachen

Die von Schwaneberg entwickelte patentierte Technologie erlaubt es inzwischen, mehr als drei Millionen Enzymvarianten an einem Nachmittag zu generieren. An maximal fünf festgelegten Bausteinen lässt sich damit die gesamte Variantenvielfalt eines Proteins erzeugen. Jetzt geht es vor allem darum, die analytische Durchmusterung in Bezug auf die chemischen Eigenschaften zu beschleunigen.

O-Ton Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg, Lehrstuhl für Biotechnologie an der TU Aachen

Inzwischen ist die analytische Durchmusterung in Bezug auf die chemischen Eigenschaften zur zentralen Herausforderung geworden. Mit computerunterstützten Methoden beginnen Forscher damit, Schlüsselpositionen in den Enzymen aufzuspüren, die für verbesserte Eigenschaften oder besondere chemische Aktivitäten brauchbar sind. Mit den Algorithmen der „KnowVolution“ lässt sich die Zahl der Varianten, die tatsächlich untersucht werden muss, drastisch senken. Seit fünfzehn Jahren ist Schwaneberg mit seiner Arbeitsgruppe auf der Suche nach Strategien, die molekularen Wege zu Änderungen von Enzym-Eigenschaften zu entschlüsseln.

O-Ton Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg, Lehrstuhl für Biotechnologie an der TU Aachen

Durch die Kombination mit synthetischen Polymeren dreht es sich inzwischen sogar um das Aufspüren von ganz neuen Anwendungen. Beispiel Landwirtschaft und Einsatz von Pestiziden. Die Aachener Protein-Ingenieure experimentieren mit Nano- und Mikrogelen, die als biotechnologische Langzeit-Speicher für unterschiedliche Substanzen eingesetzt werden. Diese lassen sich auf Pflanzenblätter aufsprühen und setzen sich dort auf der Oberfläche fest. Das biologisch abbaubare Gel kann unterschiedliche Wirkstoffe tragen: zum Beispiel Düngemittel oder Pestizide. Über das Design der Gele können die Stoffe für einen Zeitraum von mehreren Monaten an die Pflanze dosiert abgegeben werden. Sie sitzen fest auf dem Blatt, weder Wind noch Regen können sie abwaschen. Das schont die Umwelt und spart gleichzeitig Ressourcen.


 
Erstsendung: April 2016

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